

und überdauert nun schon 160 Jahre. Selbst die Digitalisierung kann
ihr nichts anhaben.“ 75 Prozent der Kunden kommen laut Bieling
immer noch aus den Branchen Entertainment, Kultur und Veranstal-
tungen. Und Sie tun gut daran, wie Bieling findet: „Ich nenne das
immer denWettbewerb um Aufmerksamkeit. In Berlin gibt es täglich
mehr als 1.500 Veranstaltungen. Wie wollen Sie da durchdringen?“
Moderne Kunst an Kölner Litfaßsäulen
Kunst und Kultur schätzen und nutzen den klassischen Werbeträger
Litfaßsäule, um mit dem öffentlichen Publikum in Dialog zu treten.
Je moderner die Botschaft, desto spannungsreicher die Kommunika-
tion. So inszenierte der Künstler Christian Sievers im Oktober 2015
in Köln dasThema Überwachung und den NSA-Skandal, indem er auf
200 Säulen die Telefonnummer veröffentlichte, von der der Whistle
blower und ehemalige technische Direktor des US-Geheimdienstes
NSAWilliam Binney angerufen wurde; da die Nummer seitdem über-
wacht wird, gerieten Passanten, die die anwählten, selbst ins Überwa-
chungsraster. „Wir haben keine Angst“ lautete das Motto der Aktion,
die im Rahmen einer Kooperation zwischen der Stadt Köln, der
Kunsthochschule der Medien und dem Aussenwerbekonzern Ströer
Optische Anker im öffentlichen Raum: Kunstsäule von Bernhard
Lochmann in Salzburg (links, 2014), verzerrte Frauengesichter zur
Konfrontation mit Rollenbildern von Johanna Reich in Köln (rechts,
2016). Klaus Staeck nutzt die Säule seit den 70er Jahren regelmäßig
für seine politischen Botschaften, wie 2014 in Berlin (ganz rechts).
stattfand. Aufgrund eines neuen Pachtvertrags zwischen der Stadt
und Ströer kam es zu einer mehrmonatigen Umbauphase, in der zahl-
reiche Säulen in der Domstadt für künstlerische Umsetzungen zur
Verfügung standen.
Auch die Künstlerinnen Johanna Reich, Sophia Bauer und Vera Dre-
busch ließen sich von dieser Möglichkeit inspirieren. Reich zeigte ab
Februar 2016 ihr Projekt „Heroines“ – verzerrte und verfremdete
Frauenporträts sollten junge Mädchen mit ihrem Rollenbild konfron-
tieren. Im April folgte Drebusch mit dem Entwurf eines dreidimen-
sionalen Objektes im öffentlichen Raum, das eine Vulkanlandschaft
aus der Vogelperspektive symbolisierte. Sophia Bauer versinnbild-
lichte kurz darauf das Artensterben und brachte in lautmalerischer
Sprache verlorengegangene Vogelstimmen auf das Plakat zurück.
„Die Begegnung zwischen neuen und alten Medien stand bei dem
Projekt ,Kunst an Kölner Litfaßsäulen‘ im Zentrum“, erklärt Hermann
Meyersick vomOOH-Marktführer Ströer, der schon zahlreiche andere
Kunstprojekte in Deutschland unterstützt hat.
Die Kooperation in Köln hat inzwischen weitere Kreise gezogen. Da
der neue Pachtvertrag neben der Umrüstung der Werbeträger auch
deren Reduzierung vorsieht, engagiert sich die Art Initiatives Cologne
seit Ende 2016 für den Erhalt, um zumindest 50 der Litfaßsäulen auch
für künftige Kunst-Aktionen nutzen zu können. Unter www.change.
org rief sie zu einer Unterschriftenaktion für die Petition „Erhalt der
Ströer-Säulen“ auf. Das vorläufige Ergebnis lag Mitte März bei mehr
als 1.200 Unterschriften, die an Oberbürgermeisterin Henriette Reker
überreicht wurden und den Abbau der Säulen zunächst gestoppt
haben. Nun hoffen die Künstler, die das Kulturamt und die Politik
mobilisiert haben, auf einen schnellen Dialog und eine endgültige
Lösung.
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OOH!–Fokus