OOH-Magazin Ausgabe 4 - 2017

Kollektives Bewusstsein – kollektive Bedeutung Ob „Social Media“ oder „Web-Communities“: Online ist das erste Medium, das die Vorstel- lung einer großen Gemeinschaft ganz offiziell durch die Besetzung damit verbundener Begriffe und Assoziationen für sich verein- nahmt hat. Fraglos lässt sich online eine immens große Zahl von Menschen erreichen, deren Ansprache allerdings zunehmend indi- vidualisiert erfolgt. Plakat als einzig verbleibendes der bisherigen Massenmedien ist von jeher dazu prädestiniert Diskurse anzustoßen, kollektive Zustimmung oder Ablehnung zu provozieren, im öffent­ lichen Raum und damit ebenfalls in einem sehr großen sozialen Rahmen. Hat Online, hat Social Media die wesentlichen Funktionen von Plakat als Gemeinschaft stif- tendes Medium übernommen? Wie unter- scheiden sich die Medien in ihrer Hoheit über das kollektive Bewusstsein, welche Konvergen- zen ergeben sich zwischen Plakat und interak- tiven Medien? Und woran orientieren sich die Menschen? OOH! hat dazu führende Köpfe der Kommunikationswirtschaft um ihre Ein- schätzung gebeten. Als Fan des Mediums bin ich überzeugt, dass das Plakat für die Kommunikation gerade durch die sozialen Medien an Bedeutung gewinnt. Warum? Als Kommunikator gibt mir das Plakat die Möglichkeit, meine Botschaft „ungestört“ in knappen Codes – also Worten und/oder Bildern – zu platzieren. In den sozi- alen Medien weiß man nie, „ob“ und, wenn ja, „wie“ meine Botschaft meine Zielgruppe erreicht. Gerade der letzte Wahlkampf in Öster- reich hat dies sehr eindrucksvoll bewiesen. Das Plakat ist das „manifesteste“ Medium überhaupt, falls es dieses Wort gibt. Größe gibt einer Botschaft Bedeutung und erzeugt einen gewissen Kommunikationsdruck. Wir Werber lieben das. Mag. Christoph Bösenkopf, Geschäftsführer Agentur Wirz Ich würde das Plakat gerne dort belassen, wo es ist, als großes, statisches Medium. Eine Her- ausforderung für jeden Kommunikator und Gestalter, sich in der Botschaft auf das Wesent- liche zu konzentrieren. Für einenWerber ist es die „Königsdisziplin“. Einige wenige Worte (im Idealfall maximal drei) und dazu ein Bild. Der Rest der Geschichte sollte imKopf des Betrach- ters entstehen. Dafür muss sich das Motiv im Plakat nicht bewegen. Ausnahmen sind Sonderplatzierungen. Inter- national würde ich den Times Square in New York oder den Piccadilly Circus in London anführen. Dort finden sich beeindruckende Bewegtbild-Botschaften, wo sie auch erwartet werden. Matthias Horx, Trendforscher, Gründer und Gesellschafter des Zukunftsinstituts, Frankfurt Früher wurden die Menschen in festen Gemeinschaften geboren und muss- ten ihre Individualität suchen. Heute hat sich die Suchrichtung umgekehrt: In einer zunehmend individualisierten Gesellschaft suchen wir alle nach dem Wir, der Identität, der Zugehörigkeit. 20 OOH!–Aspekte

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