OOH-Magazin Ausgabe 4 - 2022

beruflich engagiert sind oder im Search-Bereich einem gezielten Interesse nachgehen. Das ist dann sicherlich der falsche Zeitpunkt. Nicht zum falschen Zeitpunkt nerven, sondern zum richtigen unterhalten und auch genau darauf achten, welche Werbung für welche Marke, in welcher Tonalität, in welcher Emotionalität, in welchem Content, in welchem Umfeld wann zu den Menschen kommt – das sind Themen, auf die wir wieder sehr viel stärker in unserer Branche achten müssen. Das ergibt sich schon allein, weil wir technisch dazu gezwungen werden. Schließlich muss das Thema Third Party Cookies durch andere Optionen ersetzt werden. Dadurch geraten Content und Kontext wieder in einen stärkeren Fokus. Und das ist eine Grunddisziplin der Werbung, um für die nötige Akzeptanz zu sorgen. Cornelia Krebs, Emotionalität durch Werbung, emotionale Reaktionen auf Werbung sind der Bereich, in dem Sie forschen. „Niemand liebt Werbung“ – ist das auch das Ergebnis Ihrer Forschung? CORNELIA KREBS: Wir erleben genau das, was Uwe Storch eingangs gesagt hat – vieles in der Werbung ist schlecht gemacht und schlecht lesbar. In unserer Emotionsmessung sehen wir dann, dass sich bei den Probanden nichts tut. Dann dümpeln die Messkurven vor sich hin. Es gibt aber auch großartige Beispiele. „Sind wir nicht alle ein bisschen Bluna?“ wirkt bis heute, oder „Die Freiheit nehme ich mir“ – unglaublich, was wir da noch abrufen. Klaus-Peter Schulz hat es eben gesagt: Die Werbung ist nicht eingeladen, sondern sie klopft an. Ich gehe also draußen irgendwo herum, sehe Plakate, die Werbung kommt auf mich zu, und ich will das gerade gar nicht. Aber wenn sie mich aufstört, mich einen Hauch aufrüttelt, dann dringt sie durch. Und, was in der Emotion so wichtig ist – es muss eben relevant für mich sein. Wir testen regelmäßig alle Werbemittel, alle Stimuli durch und vermessen die mit ihren Emotionen. Und dabei begegnete mir ein Ferrero-Plakat mit den kleinen Schokoladenbonbons – manche waren verpackt, manche aufgeschnitten, manche „nackig“. Unsere Messungen zeigen: Solche Bilder lösen Attraktion und Relevanz im ganzen Larissa Pohl, auf dem GWA-Sommerfest haben Sie den Fachkräftemangel in den Agenturen angesprochen. In den 90er, 2000er Jahren war es ein absoluter Traumberuf, als Kreativer bei Springer & Jacoby oder Jung von Matt zu arbeiten. Jetzt scheint es nicht mehr so hip und angesagt Werber zu sein. Warum haben es die Werbeagenturen so schwer, Nachwuchs zu finden? LARISSA POHL: Zunächst einmal möchte ich die steile These in den Raum stellen, dass wir gerne auf uns selbst referenzieren. Ich weiß nicht, ob die bundesdeutsche Bevölkerung damals gesagt hat, da würde ich gerne arbeiten. Wir leben sehr stark in einer Bubble, wie man so schön sagt. Vielleicht hätten wir alle gerne da gearbeitet nach dem Motto: früher war alles besser. Der Fachkräftemangel aber ist ja keinWerber- oder Kommunikationsbranchenthema, sondern ein Thema, das wir wirklich überall sehen. Wir haben in einer Studie 500 Studierende von unterschiedlichen Fachrichtungen gefragt, was sie werden wollen oder welche Berufe für sie interessant sind. Auf Platz 1 war die Wissenschaft, das hängt sicherlich auch mit der momentanen Situation zusammen. Dann kamen die Unternehmensberatungen, die ja immer gerne gewählt werden, und als Drittes kommt dann schon die Kommunikationsbranche. Insofern muss man das ein bisschen differenzierter sehen. Was wir tatsächlich versäumt haben, ist, unserem Nachwuchs oder Fachkräften klarzumachen, was sie in den Agenturen erwartet. Wir haben immer wieder festgestellt: Menschen kommen in Agenturen aus Hörensagen. „Mein Vater hat eine Agentur“, „der Bruder von meinem Freund hat eine Agentur“, „ich kenne da jemanden“, „bei uns um die Ecke ist“ … so lernen Menschen Agenturen kennen. Und da machen wir zu wenig um die Agenturbranche bekannter und auch beliebt zu machen. Denn da glaube ich nach wie vor dran und erlebe es selbst: Es hat auch schon große Vorteile in der Agenturwelt zu arbeiten. Klaus-Peter Schulz, wenn man Verbraucher fragt, wie sehr die einzelnen Werbeformen stören, fällt natürlich immer wieder das Stichwort Unterbrecherwerbung etc. Inwieweit tragen die Medien Verantwortung für die zunehmend kritische Distanz der Menschen zu Werbung? KLAUS-PETER SCHULZ: Schon in den 90er Jahren habe ich gelernt: Werbung ist wie ein ungebetener Gast, der an die Tür klopft und vielleicht gerade zu ungelegener Zeit kommt. Wenn dieser Gast aber freundlich, witzig und charmant ist, einen unterhält und eine relevante Botschaft mit sich bringt, dann mache ich die Tür doch auf und lasse ihn herein. Und: Er muss durch die richtige Tür und zum richtigen Zeitpunkt kommen. Soll heißen: Es ist richtig, mit der Kreation auch den Nerv der Menschen anzusprechen, die ich erreichen will. Und genauso haben wir als Mediaagenturen und auch als Medien die Verantwortung dafür zu sorgen, dass die Werbung zum richtigen Zeitpunkt für die Menschen platziert wird. Nämlich dann, wenn sie aufgeschlossen und offen dafür sind. Und das ist bestimmt nicht dann, wenn sie gerade Der Konsument ist kein Hund, den ich abrichten kann, sondern eigentlich eine Katze. LARISSA POHL 17 OOH!–Fokus

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