OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2023

Der Aufwand: Kalkulation mit unzähligen Variablen Aufwand und Kosten eines Murals bemessen sich in erster Linie nach der Größe der Fläche, der Komplexität des Motivs und nach dem Zeitfaktor. Manchmal arbeiten drei bis fünf Künstler rund eine Woche daran, bei besonders großen Projekten kann es vorkommen, dass „14 Leute 14 Tage komplett durchmachen“. Natürlich spielt auch der Materialeinsatz eine große Rolle, vom Einkauf der Sprühdosen bis zum Bedarf im Baugewerbe. Vor allem aber ist das Aufbringen einer schlichten Typographie auf eine grundierte Fläche kaum zu vergleichen mit der Arbeit an einem hochkomplexen Bild, das unter Umständen sogar noch mit Installationen ergänzt wird – wie eine riesige bepflanzte Hand und Playstation Controller für E wie Einfach oder überdimensionale Schmucknachbauten aus Metall, um „Queen Charlotte“ von Netflix standesgemäß mit Kette, Ohrringen und Diadem auszustatten. Angesichts der großen Bandbreite sind die Kosten eines Murals schwer zu beziffern. So viel kann Experte Schanzenbach zumindest sagen: „Bei einer normalen Produktion, das heißt bei mittlerer Komplexität und einer mittleren Größe von ungefähr 200 Quadratmetern liegen die Kosten zwischen 49.000 und 69.000 Euro,“ zuzüglich Mediakosten. Die klassische Belegungszeit bei Murals beträgt 28 Tage, zunehmend tendieren Kunden aber zu längeren Laufzeiten, von mehreren Monaten bis zu „Always on“-Flächen mit eventuell sogar wechselnden Motiven. Eine solche Entscheidung hat selbstverständlich ebenfalls Einfluss auf die Kosten der Produktion. Karin Winter Die Produktion: Ein Kunstwerk akribischer Handarbeit Murals gibt es in vielen verschiedenen Stilrichtungen, von einfachen Illustrationen bis hin zu Bildern mit Tiefenwirkung und fotorealistischen, teilweise anamorphen Darstellungen. So sehr die Optik etwas anderes vorgaukelt: Ein Mural ist immer das Ergebnis akribischer Handarbeit, ausgeführt mit Sprühdosen oder mit Pinsel und Rolle. Jedes Mural ist ein Unikat. Bevor die Farbe direkt auf den Putz bzw. die Fassade gebracht wird, sind ebenso akribische Vorbereitungen zu leisten. Statiker, Architekten, Bauleiter und Monteure sorgen für die sichere Einrüstung der Fläche, denn an oberster Stelle stehen stets die Sicherheit der Künstler und der Schutz der Passanten. In der Kreation geht es nach dem Briefing und der Klärung eventueller Specials (zum Beispiel die Verwendung bestimmter Farben, 3D- oder AR-Effekte) an die Umsetzung der Bildvorlage, die auf das übergroße Format hoch skaliert werden muss. Es entsteht ein Raster („Grid“), in dem das Motiv in 50 x 50 cm große Einheiten unterteilt ist; für eine feinere Darstellung (Lippen, Augen, Nase) muss das Raster noch wesentlich kleiner sein. Das Grid ist die Vorlage für die Übertragung des Motivs auf die Wand, Abschnitt für Abschnitt. Da die ausführenden Künstler immer nur einen kleinen Ausschnitt des Ganzen vor sich haben, ist größte Sorgfalt bei der Übertragung angesagt. Sind die Konturen auf der Wand, kann schließlich alles mit Farbe ausgefüllt werden. Schanzenbach: „Es ist ein bisschen wie Malen nach Zahlen, nur in XXXXL.“ Nach der gebuchten Belegungszeit wird die bemalte Fläche neutralisiert, das heißt mit der vom Eigentümer gewünschten Farbe gestrichen. Bei Concrete Candy erfolgt die Neutralisierung wegen der Nachhaltigkeit mit photokatalytischer Mineralfarbe. Murals wirken oft fotorealistisch, sind aber stets reine handwerkliche Arbeit, präzise ausgeführt bis ins Detail. 21 OOH! – Fokus

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