OOH-Magazin Ausgabe 3 - 2023

Innenstädte sank. Auf verschiedene Weise hat man später versucht, die negativen Folgen der verkehrlichen Infrastruktur auf die Anwohner zu mindern, unter anderem durch Radarmessungen oder Fahrbahnverengungen um Geschwindigkeitsniveaus zu reduzieren. Weitere Ansätze galten der Gestaltung des Straßenraums in Form von Umbauten der Flächen um so Einfluss auf den Verkehr zu nehmen. Im Rahmen eines Pilotprojekts wurde bereits 2017 erprobt, wie sich das Verkehrsverhalten allein durch künstlerische Installationen im Straßenraum beeinflussen lässt. Dabei wurde ein positiver Effekt in Form sinkender Geschwindigkeit festgestellt, zugleich aber eine nachlassende Wirkung durch Gewöhnungseffekte vermutet. Daher zielte das neue Projekts auf die Ortsatmosphäre, im Sinne einer nachhaltigen statt einer lediglich temporären Veränderung. Verlustgeschichte der ländlichen Durchfahrtsstraßen Die für „FairVerkehr“ ausgesuchten Untersuchungsorte Ottersberg (Kreis Verden) und Amelinghausen (Kreis Lüneburg) mit ursprünglich typisch ländlichen innerörtlichen Durchfahrtsstraßen haben im Laufe der Zeit ihren individuellen Charakter weitgehend verloren. An die Stelle lokaler Läden und Betriebe sind großflächige und uniforme Gewerbegebiete sowie Logistikzentren getreten, wodurch sich überregionale Verkehre und Netzwerke verstärkt haben. Beide Orte sind zwar noch von landschaftlichen Schutzräumen umgeben, aber hohe Pkw- und Lkw-Aufkommen nehmen auf die verbliebenen innerörtlichen Elemente keine Rücksicht und übergehen systematisch die Wahrnehmungen und das Selbstverständnis der Bewohner. Im Vorfeld von „FairVerkehr“ fanden Befragungen der Bevölkerung und Verkehrsmessungen statt. Ausgehend von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten entwickelte dann ein Team von Künstlern und Eyecatcher mit Nachwirkung: Das wissenschaftliche Projekt „FairVerkehr“ belegt den Einfluss von Kunstobjekten auf die Entschleunigung des innerörtlichen Straßenverkehrs. Rückschlüsse auf eine ähnliche Wirkung von Out of Home sind denkbar. Inwieweit können künstlerische Installationen im Straßenraum die Atmosphäre eines Ortes verändern und als Folgewirkung Einfluss auf das Verhalten im Straßenverkehr nehmen? Dieser Frage sind Forscher der Leuphana Universität Lüneburg in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Künste im Sozialen, Ottersberg, und der Technischen Universität Hamburg nachgegangen. Im Rahmen des gemeinsamen Projekts „FairVerkehr: Entschleunigung des innerörtlichen Straßenverkehrs durch künstlerische Installationen“ interessierte insbesondere die Frage, ob sich durch die aufgestellte Kunst im Straßenraum eine Absenkung des Geschwindigkeitsniveaus erreichen lässt. Zu diesem Zweck wurden in zwei niedersächsischen Gemeinden verschiedene Kunstobjekte an den Hauptdurchgangsstraßen platziert und im Anschluss Geschwindigkeitsmessungen und Eye-Tracking-Analysen zur Überprüfung der Wirkung durchgeführt. Das Ergebnis bestätigt: Durch Kunst am Straßenrand lässt sich das innerörtliche Geschwindigkeitsniveau substanziell senken. Kann Out of Home das auch? Verkehrspolitik im Wandel Die Verkehrsplanung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts orientierte sich am Primat des Autos – die Optimierung des Verkehrsflusses für Pkw und Lkw war das vorrangige Ziel. Dafür wurden Straßen verbreitert, Vorgärten zurückgebaut und das private Leben weitgehend aus dem öffentlichen Straßenraum verdrängt. Lärm- und Abgasbelastung der Anwohner nahmen zu, die Erlebnisqualität der Achtung! Kunstwerk „Airbugs“ von Michael Dörner: Die von realen Airbags formal abgeleiteten Skulpturen an den Bäumen warnen vor dem Irrglauben der totalen Sicherheit in modernen Fahrzeugen. © Michael Dörner 32 OOH! – Strategie & Planung Deutschland

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