Steigende Energiepreise, höhere Kosten für den Lebensunterhalt, drohende Wirtschaftskrise: Das Leben hat sich für die meistenMenschen in den vergangenenWochen deutlich verändert. Von der Aufbruchstimmung, die noch vor kurzem durch das Land wehte, ist nur ein laues Lüftchen geblieben. Auch für die Marketingkommunikation bleibt diese Entwicklung nicht ohne Folgen. Schon die Corona-Krise hat der Werbebranche viel abverlangt. Manche Medien wie Out of Home kamen unbeschadet durch die Pandemie, andere wie das Kino wurden zum Stillstand gezwungen. Auch die Botschaften änderten sich. Eine bis dahin vielfach lebensfrohe und hedonistische Ansprache wurde durch eine sensible und achtsame Kommunikation ersetzt. Statt „Wir hauen auf den Putz“ hieß es eher „Wir halten zusammen“. Inzwischen hat sich das Rad weiter gedreht, die Pandemie gilt als überwunden. Jetzt aber macht die Auseinandersetzung um die Ukraine der Wirtschaft massiv zu schaffen, was erneut Implikationen für die Marketingbranche hat. Die ersten Werbebudgets werden eingedampft und die Botschaften ändern sich erneut. Sie lauten jetzt vor allem: Produkt, supergünstig, sofort kaufen! Digitalisierung als Chance für klassische Medien Anders ausgedrückt: Die performanceorientierte Werbung feiert ein Comeback. Denn wenn die Etats gekürzt werden, weil die Umsätze zurückgehen, wird das verbliebene Geld weniger in Markenaufbau und Imagepflege investiert. Jetzt geht es darum, die Conversions zu steigern. Oder zumindest die Gewichtung im Marketing zugunsten des Abverkaufs zu verlagern. Plötzlich taucht eine Debatte wieder auf, die unter demClaim „Brand versus Performance“ schon viele Podiumsdiskussionen belebte. Brand Marketing bedeutet, den Markenwert langfristig zu erhöhen, Vertrauen in die Marke zu steigern, das Unternehmen in den Vordergrund zu rücken. Performance Marketing meint hingegen: Volle Kraft auf Produkte und Dienstleistungen, kurzfristige Erhöhung der Conversions und damit der Umsätze. Dass sich dazwischen eine Lücke auftut, die im Fachjargon „Brand Gap“ genannt wird, ist bekannt. Sie beschreibt die Kluft, die angesichts der aktuellen Situation wieder größer wird: die Diskrepanz zwischen der festen Überzeugung der Marketeers, wie wichtig langfristiges Brand Building ist, und der gelebten Marketingpraxis, dass es jetzt vor allem um kurzfristige Sales Activation geht. Anerkannte Marketing-Professoren wie Byron Sharp vertreten die Theorie, dass man hier die richtige Balance finden muss. Seine These lautet, verkürzt dargestellt: Wer immer nur auf Abverkauf zielt, fischt auch immer im selben Teich. Eine Marke kann aber nur wachsen, wenn sie sowohl auf Reichweite als auch auf gezielte Aktivierung setzt. Durch die Digitalisierung tut sich hier für einige traditionelle Medien eine neue Chance auf. Das klassische Fernsehen versucht seine breit gestreuten Spots durch eine Ansprache über Adressable TV zu ergänzen. Ähnliche Anstrengungen unternehmen Radiovermarkter, die jetzt nun auch die gezielte Ausspielung von Audio Ads in Podcasts und Webradios anbieten. Gut aufgestellt ist hier vor allem aber die Aussenwerbebranche, die ihr Portfolio an klassischen Großflächen, CLPs und Ganzsäulen mit einem wachsenden Angebot an digitalen Screens ergänzt. Was Kritiker also noch vor kurzem als den „Untergang eines Massenmediums“ bezeichneten (iBusiness, 25. Mai 2022), dürfte vielmehr ihre Stärke sein. OOH kann beides – Branding und Performance, One-to-Many und One-to-One. „Grundsätzlich können OOH und DOOH für einen Großteil von Kampagnen die gleiche Funktion haben, dies gilt sowohl für Brand Building als auch für Call-to-Action“, sagt Susanne Wallraff, Managing Director Commercial Partnerships & Investment EMEA bei Publicis Media. „Für klassische Aussenwerbung gilt aber, dass sich zu einem bestimmten Zeitpunkt eine möglichst hohe Brutto-Reichweite erzielen lässt, während DOOH die potenzielle Zielgruppe an den relevanten Standorten und Touchpoints dynamischer und flexibler erreicht.“ OOH ist für schnellen Reichweitenaufbau zuständig Es kommt also darauf an, innerhalb eines Mediaplans, passend zu den Zielen, die analogen und digitalen Kanäle in die gewünschte Balance zu bringen. Generell übernehme OOH in einem Mediaplan die Aufgabe des schnellen Reichweiten-Aufbaus, meint Anja Jeremias, Geschäftsführerin pilot Hamburg. Gerade großformatige und hochwertige Werbeträger wie CLB oder Riesenposter könnten bei Image-Kampagnen einen wertvollen Beitrag im Mediamix leisten. „One to many“: Klassische Aussenwerbung sorgt schnell für hohe Reichweiten. 26 OOH!–Trends & Innovationen Deutschland
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