OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2022

ben hat, mit diesem Zeigefinger, der direkt auf den Betrachter zielt. Für uns war „We want you!“ wichtig, weil dies die Ur-Matrix eines jeden Plakats ist – es will etwas von uns. Es will, dass wir etwas kaufen, dass wir jemanden wählen, dass wir uns in bestimmter Weise verhalten, was auch immer: Es will auf uns einwirken. Dieses Ziel „We want you!“ zieht sich durch die gesamte Zeit des Plakates hindurch. Interessant ist, dass sich die Art der Ansprache im Laufe der Zeit extrem verändert hat – WIE will es etwas von uns. Und wie können Plakate ihr Ziel überhaupt erreichen? Eigentlich nur dann, wenn sie im öffentlichen Raum vertreten sind. Schon Toulouse-Lautrec hat mit Plakaten den Weg in die Öffentlichkeit gesucht Mehr als 300 Plakate international renommierter Künstler bieten „einen kultur- und medienhistorischen Einblick in die Welt der Werbung“, heißt es. Was hat Künstler wie unter anderen Henri de Toulouse-Lautrec an Werbung und insbesondere an der Werbung im öffentlichen Raum fasziniert? GROHNERT: Zur Zeit von Toulouse-Lautrec waren Plakate die größten Farbflächen im öffentlichen Raum. In Auflagen von 100, 200 oder auch 500 Stück wurden sie in der Stadt verteilt und jeder konnte sie sehen. Das war der Reiz für viele Künstler, sich dem Plakat zu widmen. Sie konnten sich sehr viel besser in der Öffentlichkeit präsentieren als in einzelnen Galerien oder Ausstellungen. Diese Öffentlichkeit zu suchen, war bei Toulouse-­ Lautrec eine ausgesprochene Motivation. Und das galt auch für andere. Daher kam dann die Idee „Kunst der Straße“ oder „Galerie der Straße“, dass man also die Leute auf diese Weise ästhetisch erzieht, weil sie etwa nicht die Möglichkeit haben, ins Museum zu gehen oder sich sonst wie zu bilden. Was aber natürlich so nicht funktioniert hat. Ein bisschen später kam das Künstler-Plakat auf: Künstler haben Plakate für ihre eigenen Ausstellungen gemacht, manchmal als sehr aufwändigen Druck, manchmal auch signiert in einer bestimmten Auflage. Wer nicht Zigtausende für ein Original ausgeben wollte, konnte trotzdem einMotiv mit nach Hause zu nehmen. Hier ging es also um die Idee, etwas weiter zu verbreiten als das Unikat. Mehr als 300 Plakate aus vier Jahrhunderten laden zur Zeitreise durch die Werbung ein. 17 OOH!–Fokus

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