OOH-Magazin Ausgabe 4 - 2021

wichtige frequenzbringende Funktionen in den Innenstädten mindestens ebenso betroffen: Gastronomie, personenbezogene Dienstleistungen, Hotellerie und Tourismus, Kultur, Freizeit und Sport, Veranstaltungen, Messen und Kongresse. Haben sich diese innerstädtischen Funktionen bisher gegenseitig befruchtet, so zeigt sich nun eine sich wechselseitig verstärkende Abwärtsspirale. Touristen, Geschäftsreisende und Kulturbesucher fehlen dem Handel und der Gastronomie. Menschen, die im HomeOffice bleiben, brauchen keinen Mittagstisch um die Ecke und kaufen auf dem Nachhauseweg nicht noch schnell ein. Vor allem in bereits schwächelnden Mittel- und Kleinstädten, in B-Lagen sowie in Quartiers- und Stadtteilzentren bedeutet das eine Bedrohung für die Zukunft der lebendigen Stadt. Die Folge ist eine massive Identitätskrise, da ein Gefühl von Heimat und Wohlbefinden in einer Stadt neben dem Wohnumfeld durch das Stadtzentrum geprägt werden. Öffentliche Räume als Orte der Begegnung und Teilhabe stärken. Resilienz gilt als elementare Eigenschaft um derartige Krisen zu überstehen. Ist die Stadt als solche resilient? NAGEL: Die europäische Stadt als kompakter und nutzungsgemischter Siedlungstyp zeigt sich grundsätzlich resilient. Viele Gebäude lassen sich umbauen und umnutzen und der öffentliche Raumwird stets neu verhandelt. Dafür gilt es, die neuen Herausforderungen aufzunehmen und eine aktive Stadtentwicklungspolitik zu betreiben. Aktuell steht die Anpassung an den Klimawandel sicher im Zentrum der Aufmerksamkeit. Adaptionsstrategien im Sinne einer verstärkten Hinwendung und beispielweise dem Ausbau grün-blauer Infrastruktur sind in Städten, aber auch in kleineren Gemeinden und ländlichen Regionen geboten. Zudem gilt es, die öffentlichen Räume als Orte der Begegnung und Teilhabe zu stärken. Dies ist ebenso eine klare Erkenntnis aus den zurückliegenden pandemiegeprägten Monaten. Ebenso sorgte die Flutkatastrophe in Deutschland für eine Debatte rund um das Planen und Bauen als Handlungsebene. Eine widerstandsfähige Infrastruktur verlangt Planungen, die extreme Wettervorkommnisse einkalkulieren. Es darf aber keine allein auf maximale Sicherheit ausgerichtete Zweckästhetik entstehen. Es müssen vielmehr mit dem Notwendigen positive Zusatznutzen verbunden und baukulturell wertvolle Ergebnisse erzielt werden. Wie z. B. Hochwasserschutzanlagen oder Überflutungsgebiete, die gleichzeitig gut gestaltete öffentliche Räume und somit einen Mehrwert für die Gesellschaft ausbilden. Eine solche Baukultur entsteht vor allem dann, wenn Ingenieure, Siedlungswasserwirtschaft, Landschaftsplanung und Architektur Flussfreilegung Siegen – Aufenthaltsqualität durch Renaturierung © Bundesstiftung Baukultur, Andreas Meichsner 17 OOH!–Fokus

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