OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2020
OOH!: Stichwort Leistungsfähigkeit des Medi- ums – was sind denn die größten Missver- ständnisse auf Markenseite, mit denen sich Agenturen immer wieder konfrontiert sehen? BRÜNIG: Meine Erfahrungen zeigen, dass Auftraggeber ihre Plakate oft mit Nachrichten überfrachten, also im wahrsten Sinne des Wortes „zukleistern“ wollen. Auf einem Plakat hat man ja offensichtlich auch eine Menge Platz. Wahrscheinlich trägt das zu dem Irrglau- ben bei, dass da mindestens so viel draufpassen muss wie auf eine Anzeige. Ein Plakat ist aber nur dann wirkungsvoll, wenn möglichst wenig Elemente drauf sind. Der Inhalt eines Plakats muss einfach und superschnell erfassbar sein. Auch wenn die FDP einmal ihr gesamtes Wahlprogramm auf einem 18/1 Plakat in einer 14 Punkt Typo abgedruckt und damit auch bei Awards gepunktet hat, ist das kein Beispiel für eine klassische Plakatgestaltung – es ist ein Bei- spiel für eine sehr clevere. Denn gerade dann, wenn sich alle anderen Parteien darin über- bieten mehr oder weniger inhaltslose Phrasen und mehr oder weniger gelungene Konterfeis ihrer Kandidaten abzubilden, ist die Nachricht der FDP ganz klar: Hier hat jemand etwas Substanzielles zu sagen. HOTHUM: Als größtes Problem lässt sich hier sicher der Hang zur Überinformation nen- nen – und damit einhergehend die Weichen- stellung Richtung Kleinteiligkeit. Was bei Mar- kenverantwortlichen stärker ins Bewusstsein vordringen muss, sind zwei Dinge: 1. Plakate sind ihrem Grundcharakter nach Teaser, die potenzielle Kunden neugierig machen und zur gewünschten Reaktion führen sollen. 2. Es handelt sich bei Plakaten noch immer in erster Linie um „Vorbeifahr-Medien“. Und demnach um Werbekünder, deren Hyper-Botschaften bereits aus größerer Distanz dekodierbar sein sollen. Übrigens: Das von Rob Brünig genannte FDP-Beispiel „Wahlprogramm“ kann in beiden Fällen punkten. Denn wahrnehmungstechnisch nehmen wir den Mengentext zunächst als ungewöhnliches Bild auf, was den nötigen Aus- gangsimpuls setzt. Und die vom Mengentext abgeleitete Kernbotschaft lautet vor allem „Wir haben viel zu bieten!“. OOH!: Hand aufs Herz: Haben Awards wie die PlakaDiva das Zeug dazu, die Umset- zungsqualität nachhaltig zu fördern? BRÜNIG: Awards sind in der Regel Leistungs- shows, deren Sinn darin besteht herausragende Arbeiten zu prämieren und damit einem grö- ßeren Fachpublikum bzw. der breiten Öffent- lichkeit näher zu bringen. Damit fällt ihnen die Aufgabe zu, Standards aufzuzeigen und somit auch zukünftige Entwicklungen in der jewei- ligen Branche zu pushen. Gerade die PlakaDiva setzt über alle Disziplinen hinweg unabhängig Maßstäbe durch die Zusammensetzung ihrer Jury, die aus Kunden, Mediafachleuten und Kreativen besteht. HOTHUM: Unabhängig von manchmal nicht ganz nachvollziehbaren Jury-Entscheidungen halte ich Wettbewerbe wie die PlakaDiva für außerordentlich wichtig. Denn sie zeigen auf, was „state of the art“ ist. Damit sind sie für Marken und Agenturen ein wichtiger Grad- messer für die Qualität der eigenen Arbeiten. Außerdem liefern sie Denkanstöße und geben Orientierung. 18 OOH!–Fokus
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