OOH-Magazin Ausgabe 4 - 2019
in der Grazer Innenstadt hatte das OOH-Unternehmen Ankünder ein Revival der provokanten Benetton-Plakate von einst inszeniert. Ankünder-CEO Dieter Weber: „Für mich sind seine Botschaften im öffentlichen RaumAuslöser für Diskussionen und Debatten, für Kon- troversen über alle Gesellschaftsschichten und Geisteshaltungen hin- weg. Das Spannende für uns als Aussenwerber ist es, Bilder und Bot- schaften wie diese auf unsere Werbemedien zu bringen, vom Plakat bis zum digitalen City Light. Wir sind damit in einem öffentlichen Raum, was erst diesen Diskurs auslöst.“ Einen Diskurs, den Ankünder auch mit Toscani selber führen wollte und daher seinerseits zur Begegnung mit Kunden ins Atelier Jung- wirth einlud. So, wie Toscani in der Benetton-Kampagne die gesamte Bevölkerung mit gezielten Provokationen wachgerüttelt und zu Dis- kussionen animiert hat, sollte sein Treffen mit den von ihm eher gemiedenen „Werbeleuten“ zum regen Gedankenaustausch führen. „Oliviero Toscani hat es geschafft, seine Bilder in der Werbung zu platzieren fernab von kommerziellemDenken, und ausgerechnet das hat Benetton den Erfolg seiner Kampagnen gebracht. Grund genug für uns als klassisches Werbemedium, jetzt erst recht auf seine kont- roversen Einstellungen zur Werbung zu blicken und hinter die Bilder des Maestros zu sehen: Was können Bilder, was kann Werbung und was soll Werbung?“, so Weber. Der Abend im Atelier wurde denn auch zum erwartet provokanten, aber „ungemein freundlichen“ Aufeinandertreffen verschiedener Wel- ten, in dem Toscani gewohnt freimütig zu seiner künstlerischen Inten- tion Stellung nahm: „Ich mache keine Werbung. Ich verkaufe nicht. Ich versuche nicht, das Publikum mit plumpen Tricks zum Kauf zu überreden.“ Bis in die Nacht gab er Autogramme auf Nachdrucke seiner bekanntesten Sujets und wurde vom Gastgeber zum Dank als „Ehren-Plakatierer“ geadelt. Ankünder-CEO Weber freut sich über einen rundum gelungenen Talk mit einem inspirierenden Künstler: „Oliviero Toscani ist für mich der kreative Querdenker schlechthin, anders zu denken als die anderen war und ist sein Credo – ein Spirit, der mich in meinem Werbe-Berufsleben ganz stark geprägt hat. Toscani ist für mich Kunst, quasi der Picasso der Werbekunst.“ Eine Plakataktion und eine Ausstellung lassen die Benetton-Kult- plakate von Oliviero Toscani und das Gesamtwerk des Fotografen in Graz wieder aufleben. Zur Eröffnung war der „Picasso der Wer- bekunst“ selbst dabei. Priester und Nonne im Kuss vereint, ein sterbender Aids-Kranker im Kreis seiner Familie oder ein frisch entbundenes Baby samt Nabel- schnur und „Käseschmiere“ sind die wohl bekanntesten Bilder, mit denen der Fotograf Oliviero Toscani in den 90er Jahren Werbege- schichte schrieb. Seine mitunter umstrittenen, zugleich gefeierten Motive für die Modemarke Benetton brachten die gesellschaftliche Botschaft, brachten „Haltung“ in die kommerzielle Kommunikation. Bis Ende Januar 2020 ist diese Haltung wieder in Graz zu besichtigen: Der Fotograf Christian Jungwirth hat dem Gesamtwerk von Oliviero Toscani eine Ausstellung gewidmet. Zur Eröffnung besuchte der ita- lienische Künstler auf Einladung von Jungwirth für einige Tage die steirische Landeshauptstadt und traf vor Ort sofort auf seine Kult-Sujets. Auf Plakaten, Poster Lights, City Lights und digitalen Screens Bilder, die Geschichten schreiben Aufreger der 90er: Plakate mit Motiven der Benetton-Kampagne machen auf die Ausstellung zu Toscanis Gesamtwerk aufmerksam. Kreativer Querdenker: Starfotograf Oliviero Toscani (rechts) mit Ankünder-CEO Dieter Weber in Graz. credit: Jungwirth 32 OOH!–Trends & Innovationen Österreich
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