OOH-Magazin Ausgabe 3 - 2018

Petra Süptitz, Director Consumer Insights bei der GfK, über gesellschaftliche Veränderungen, neue Zielgruppen und die Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten OOH!: Urbanisierung, Globalisierung, zuneh- mende Mobilität, Digitalisierung: Welche Aus- wirkungen haben diese gesellschaftlichen Trends auf die Definition von Konsumenten-Zielgruppen? PETRA SÜPTITZ: Die angesprochenen gesell- schaftlichen Trends haben einen großen Ein- fluss auf das alltägliche Leben der Menschen und deren Bedürfnisse. Um einmal den Trend der Urbanisierung zu betrachten: Heute lebt bereits mehr als die Hälfte der Weltbevölke- rung in Städten. Bis 2030 wird erwartet, dass dieser Anteil auf 60 Prozent steigt. OOH!: Was löst die Digitalisierung bei den Konsumenten aus? SÜPTITZ: Die Digitalisierung trägt zu einer Veränderung der Zielgruppen bei. Die Anzahl der digital vernetzten Konsumenten steigt. Ins- besondere die jüngeren Zielgruppen der iBrains (bzw. Gen Z), Millennials oder die Generation X finden neue Technologien auf- regend. Dies hat beispielweise auch Auswir- kungen auf das Einkaufsverhalten. Weltweit gesehen, stimmen 45 Prozent der Konsumen- ten der Aussage zu, dass ihr Smartphone das wichtigste Hilfsmittel bei Einkäufen ist. OOH!: Müssen Unternehmen also umdenken, weil sie es jetzt mit neuen Zielgruppen wie den iBrains zu tun haben? SÜPTITZ: Unternehmen müssen sich intensiv mit diesen gesellschaftlichen Entwicklungen beschäftigen um Lösungen zu schaffen, die die Menschen ansprechen. Dafür reicht es nicht mehr aus, Zielgruppen sozio-demographisch zu definieren und zu beschreiben. Stattdessen müssen Unternehmen in die Lebenswelt ihrer Zielgruppe eintauchen, um deren individuelle Bedürfnisse zu verstehen. Faktoren wie Werte, Einstellungen, aber auch alltägliche Abläufe helfen, auf die Lebenswelt zugeschnittene Pro- dukte anzubieten. OOH!: Welche neuen Anforderungen ergeben sich damit für das Marketing und die Media- planung? SÜPTITZ: Wichtig für den Unternehmens- erfolg ist eine intensive Beschäftigung mit den gesellschaftlichen Veränderungen und den Bedürfnissen der jeweiligen Zielgruppe. Nur wer die Wünsche, Motive und Werte seiner Zielgruppe kennt, kann das daraus resultie- rende Konsumverhalten verstehen und sich daran ausrichten, um die Marken- und Pro- duktbindung zu gewährleisten. Im Rahmen von Marketingmaßnahmen müs- sen Unternehmen heute deutlich individuali- sierter auf ihre Zielgruppen eingehen als frü- her. Dies betrifft sowohl die Produktpolitik als auch die Kommunikationsmaßnahmen und die Mediaplanung. OOH!: Bei alldem wird vermutlich das Smart- phone eine Schlüsselstellung einnehmen. SÜPTITZ: Das Smartphone greift natürlich an ganz verschiedenen Stellen in den Kaufprozess ein. Insgesamt 42 Prozent der weltweiten Kon- sumenten nutzen es klassisch um Preise zu vergleichen. Daneben eröffnen Smartphones aber ganz andere Möglichkeiten, wie die Inter- aktion mit anderen Personen während des Kaufes: 17 Prozent teilen beispielweise Fotos von Produkten um abzustimmen, was gekauft werden soll. OOH!: Bedeutet das für Marketers: Volle Kon- zentration auf das Smartphone? SÜPTITZ: Ganz wichtig ist in diesem Kontext eine sehr differenzierte Sicht auf die verschie- denen Kanäle und deren Zusammenspiel: Kaufprozesse erfolgen immer weniger über nur einen Kanal. Die neuen Online-Kanäle, die vor allem auch mobil über Smartphones genutzt werden, haben klassische Kaufprozesse durch- einander gebracht. So geben weltweit 45 Pro- zent der Konsumenten an, dass klassische Ein- zelhändler deutlich weniger wichtig sind; für Deutschland beträgt der Wert 40 Prozent. Auch wenn Online-Aktivitäten wichtig sind, verspüren viele Konsumenten noch den Wunsch, Produkte vor dem Kauf auch real zu erfahren. OOH!: Haben Sie ein Beispiel? SÜPTITZ: Im Bereich Fashion findet beispiels- weise der komplette Kaufprozess für 40 Pro- zent der Konsumenten weltweit offline statt. Bei 51 Prozent vermischen sich aber Online- und Offline-Kanäle. Ein Ergebnis, das wir auch in vielen anderen Produktkategorien beobach- ten. Omnichannel ist das Wort der Stunde: Konsumenten wünschen sich, zwischen den verschiedenen Kanälen einfach und ohne Pro- bleme hin- und herspringen zu können. Für Konsumenten geht es nicht um Online versus Offline: es geht um no-line. Interview: Helmut van Rinsum Für Konsumenten geht es um no-line 20 OOH!–Aspekte

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