OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2016
wenig zu uncool und leicht penetrant vor allem für neue Modelle geworben. Nun also back to the roots. „Made by you“ vereint die Chucks-Träger zu einer Community, ernennt sie zu kreativen Persönlichkeiten und führt als Beweis dafür präzise ins Licht gesetzte Fotografien von den Tretern der Rockröhre Patti Smith, des Pop-Art-Künstlers Andy Warhol, der Autorin Helene Hegemann oder des Entertainers Rocko Schamoni auf. Nicht weniger als 120 Motive getragener, gestalteter und stets ausgelatschter Chucks wurden abgelichtet und mit Namen versehen: ein Album durch die zeitgenössische Independent-Szene. Die Kampagne formuliere ledig- lich eine simple Wahrheit, sagte Ian Stewart, Vice President Global Marketing von Converse zum Start: „Wir alle möchten glaubwürdig und authentisch bleiben. Jeder Fan von Chuck-Taylor hat die Marke zu dem gemacht, was sie heute ist: ein Symbol für Kreativität. Höchste Zeit, dass wir dies auch würdigen.“ Kampagnenschwerpunkt Out of Home: „Ein Schuh gehört einfach auf die Straße“ Damit standen die Mediaplaner vor einer anspruchsvollen Aufgabe. Sie hatten die unterschiedlichsten Motive zur Auswahl, die den Schuh als Ausdruck von Individualität zeigten, und mussten der Marke durch viel Fingerspitzengefühl bei der Medienauswahl etwas von ihrem alten Rebellenmythos zurückgeben. Die in Deutschland zuständige Agen- tur Initiative Media beschloss deshalb, einen Schwerpunkt auf Out of Home zu legen: Nicht weniger als 50 Prozent des Budgets wurde in Es gibt nur wenige Marken, die auf eine jahrzehntelange Tradition verweisen können und trotzdem noch so jugendlich daherkommen wie in ihrer Anfangszeit. Coca-Cola könnte man hier dazuzählen, Levi’s sicherlich, auf jeden Fall aber die Chuck Taylor All Stars der Firma Converse. Die ersten Chucks wurden 1917 produziert und haben eine wechselvolle Geschichte erlebt: Ursprünglich waren sie als Sport- schuhe für Basketballspieler gedacht und damit auch so erfolgreich, dass es zeitweise in den USA keinen Profi mehr gab, der ohne sie aufs Feld lief. Bald schon wurden sie vermehrt von Jugendlichen getragen, die sie zu ihrem Alltagsschuh erklärten. Als auch Künstler, Popstars und andere Szenegrößen ihre Liebe zu den Chucks entdeckten, haftete ihnen endgültig das Image der unan- gepassten, rebellenhaften Modemarke an. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass bis heute weit mehr als eine Milliarde der Schuhe verkauft wurden, was eigentlich als Beleg für einen gewis- sen Mainstream gelten müsste. Auch die Pleite im Jahr 2001 oder der Umstand, dass das Unternehmen Converse wenig später vom Nike-Konzern übernommen wurde – nichts konnte dem Charisma der Marke etwas anhaben. Was allein zählte war, dass James Dean sie getragen, Mike Jagger mit ihnen geheiratet hatte, Andy Warhol sie abbildete, Punks, Hiphopper und selbst hochkarätige Models sie zur einzig akzeptablen Schuhmarke erklärten. Motive und Medienkanäle treffen das Lebensgefühl der Fans Wenn jede Generation eine Marke aufs Neue entdeckt und sie zum Kultstatus macht, ist dies vor allem eine Leistung des Marketings. Denn die Glaubwürdigkeit wäre sofort beschädigt, wenn beispiels- weise in einer reichweitenstarken TV-Kampagne der Verkauf der Chuck Taylor All Stars gepusht werden würde. Eine Kampagne muss sich also eher im Stile des Guerillamarketing ihrer Zielgruppe nähern, dabei die künstlerische Note des unabhängigen Konsumenten beto- nen, aber authentisch und ohne den Lärm, mit dem andere Marken so häufig auf jugendlich machen. Insofern ist eine Kommunikations- strategie für Converse auch immer eines: Eine Herausforderung an Kreation und Media. Denn nicht nur die Motive müssen das Lebens- gefühl der Fans treffen, sondern auch die Medienkanäle, über die sie angesprochen werden. Als die kultige Lifestylemarke im vergangenen Frühjahr ihre neue Kampagne „Made by you“ startete (Agentur: Anomaly), wurde dies in der Szene mit Skepsis betrachtet. Denn zuvor hatte die Marke ein 26 OOH!–Kreation & Kreativität Deutschland
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