24 OOH!–Kreation & Kreativität Deutschland Jüngstes Designprodukt von Rocket & Wink ist der tragbare Plattenspieler Rawman 3000. Da habe man sich mal wieder selbst übertroffen, schwärmen die Macher. Es gebe nichts, mit dem man die außergewöhnliche Ton-Qualität dieser kleinen Maschine vergleichen könne. Der Rawman 3000 wird in knalligen Farben und drei unterschiedlichen Größen gezeigt. Fraglich ist nur, ob er tatsächlich jemals zu kaufen ist. Auf der Homepage steht: Erhältlich ab Juni 1983. Dieses Spiel mit Illusion und Wirklichkeit, diese Lust am Blödsinn ist typisch für die 2011 gegründete Agentur Rocket & Wink. Das fängt schon bei den beiden Inhabern an. Dr. Gerald Rocketson und Petronius Amund Wink haben für sich die Alter Egos Rocket & Wink erfunden. Sie treten öffentlich nur in der verrückt anmutenden Maskerade als Raketenmann und Naturbursche auf – der eine trägt einen blank polierten Helm, der andere eine Fliegerbrille und auf dem Rücken ein Tragegestell. Die „Bild Zeitung“ wollte einmal wissen, was passiert, wenn man sie ohne Maske fotografieren würde. Über einen Sprecher ließen die beiden antworten, dies sei dann vermutlich das Ende des Fotografen. Erfolge in der Welt oberhalb von Airbrush Nun könnte man diese schräge Maskerade als weitere Spinnerei einer an Spleens nicht gerade armen Branche bezeichnen. Doch Rocket & Wink sind eben nicht nur PR-Meister in eigener Sache, sondern auch ungewöhnlich erfolgreich. Sie haben in den letzten Monaten so ziemlich alle Kreativ-Preise abgeräumt, die in der Branche zu vergeben sind. Man habe alles gewonnen, was man in der Welt oberhalb von Airbrush gewinnen könne, heißt es in einer Eigendarstellung: Über 300 Awards von ADC bis Cannes, von Eurobest bis Red Dot, von Clio bis New York Festivals. Sie wurden vom Art Directors Club Deutschland (ADC) Anfang 2014 als erfolgreichste Nachwuchs- agentur ausgezeichnet, ihre Arbeiten wurden imMuseum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, ausgestellt. Als „Mischung aus Krach und laut mit einem Augenzwinkern“ beschrieb der Leiter der Grafiksammlung, Jürgen Döring, das Werk des Duos. Zu denWerken zählen Plattencover und Bücher, das eigene Magazin „Whatever“, aber eben auch Arbeitern für Markenartikler wie beispielsweise fritz-kola. Die Referentenliste reicht von der ARD über Görtz und Nike bis hin zu Universal Music. Man suche Aufgaben, die in kein Briefing passen, steht auf der Website. Auch das Eigenporträt offenbart diese Mischung aus Spaß am Quatsch und Spaß an der Arbeit. „Rocket &Wink. Für Kunden, die eine zart-zitternde Nektaraufnahme eines haselnussgroßen Kolibris an einer Riesenlobelie ebenso schätzen wie ein wuchtiges Aufstoßen eines Mammuts, das soeben ein fettiges Gericht aus Elvis’ Kochbuch vertilgte.“ Dazu passt ihr Claim: „Das Beste ohne Reste.“ Werbung sollte so mutig sein wie Kunst Als die Agentur im April auf der PlakaDiva für ihre Plakate zur fritz-kola-Kampagne „Hauptsache Wach!“ mit Gold ausgezeichnet wurde, erschienen Rocket &Wink nicht persönlich. Sie grüßten aber über ein Video, auf dem sie in einer unbekannten, chinesisch anmutenden Sprache quatschten. Das Ganze wurde mit Untertiteln übersetzt, die übermittelten Aussagen waren eher sinnfrei, belegten aber ihr großes Gespür für komische Momente. Der Mix aus hoch kreativen Arbeiten für Kunden und der Mut zu außergewöhnlichen Kampagnen hat Rocket &Wink inzwischen eine große Fangemeinde beschert. Ihr Facebook-Auftritt hat 5.000 Fans, ihr Whatever Design Magazin auf Facebook weitere 2.000 Fans. Es gibt einenWeb-Shop, auf dem eigene Designarbeiten, handsignierte Siebdruckarbeiten, Bücher und Shirts verkauft werden, sozusagen der Übergang zwischen Kunst und Kommerz. Sollte also Werbung Kunst sein? „Nein“, sagt Wink im Interview mit OOH!. „Aber Werbung sollte genauso mutig sein wie Kunst.“ Auch Rocket verneint: „Kunst will, soll und darf ja nichts verkaufen. Und imUmkehrschluss ist das Verkaufen die einzige Daseinsberechtigung der Werbung.“ Helmut van Rinsum
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyMzYy