OOH-Magazin Ausgabe 2 - 2015

13 OOH!–Fokus Beispiel Frankfurt: Das virtuelle Museum Das Frankfurter Städel-Museum hat anlässlich seines 200 Jahre-Jubiläums nicht nur neue plakative, digitale Dimensionen für das Museum erschlossen, es nutzt auch die Flächen im öffentlichen Raum als digitale Wegweiser. „Die zunehmende Digitalisierung unserer Lebenswelt betrifft auch vermeintlich analoge kulturelle Inhalte, wie ein 500 Jahre altes Dürer-Gemälde oder eine Zeichnung von Henri Matisse. Museen werden in gleichemMaße mit den enormen Veränderungen in fast allen Lebensbereichen konfrontiert, die unseren Umgang mit Information, Bildung und Kultur grundsätzlich neu definieren. Wenn wir das Potenzial der voranschreitenden digitalen Entwicklung richtig nutzen und es uns gelingt, daraus ein echtes, alternatives Angebot zu entwickeln, bereiten wir den Weg für die Zukunft der Institution und die nächsten 200 Jahre des Städel Museums“, erklärt Städel-Direktor Max Hollein. KÖR: Kunst-Initiative der Stadt Wien KÖR – Kunst im öffentlichen Raum – ist eine Aktion der Stadt Wien, die zeitgenössische Interventionen im öffentlichen Raum fördern will. Die Initiative ging ursprünglich von der Plakatwirtschaft aus, die mit der „Open Gallery“ am Spittelberg und in der Litfaßstraße die erste öffentliche Auseinandersetzung von Kunst und Stadt inszenierte. Seitdem hat die Out of Home-Wirtschaft in Zusammenarbeit mit der Stadt zahlreiche Kunstaktionen initiiert, gesponsert und angeregt. So hat der Künstler Axel Stockburger eine goldene Litfaßsäule auf den Graben in Wien direkt vor die Zentrale der Österreichischen Sparkasse aufgestellt, als Kontrapunkt zur Scheinwelt der Finanzwelt – und als permanenter Hinweis auf die Gier der Menschen. Computergesteuert spuckt die Säule regelmäßig Münzen ins Gedränge. „SKYunlimited“ nennt sich eine ironische Inszenierung zu „urban farming“, mit dem Pony „Struppi“ auf dem Dach eines begrünten Gemeindebaus und unterschiedlichen Installationen von Kunstobjekten im Bau selbst. Kunst als Alltag und seine Entfremdung. Als „Aspern Affairs“ präsentiert Stephan Huber seine Kunst in der Wiener U-Bahnlinie U2. Zwei riesige Landkarten an den Stationsfenstern verweisen mit Lebenslinien auf das Wiener Bauprojekt Seestadt Aspern: Innerhalb von zehn Jahren wird eine Stadt in der Stadt mit 30.000 Einwohnern aus dem grünen Boden gestampft, die ersten leben schon dort und können ihren Lebensentwurf bei der Fahrt mit der U2 studieren. Die neue urbane Expression: Interventionen, Irritationen und Diskurs im öffentlichen Raum werden in jüngerer Zeit bewusst gefördert, von Städten, Einrichtungen und Unternehmen überall in Europa. Ganz vorne dabei ist die Stadt Wien mit ihrer Initiative KÖR – Kunst im öffentlichen Raum. Zahlreiche Projekte holen Kunst und Kultur regelmäßig in den Alltag der Menschen. Der britische Streetart-Künstler Banksy ist weltweit bekannt. Überall hinterlässt er in der Öffentlichkeit mit seinen Schablonen-Graffiti kritische, bildhafte Spuren, um eine alternative Sichtweise auf politische und wirtschaftliche Themen zu bieten. Die er dann auch mal ungefragt in Museen zeigt: 2005 tauchte zum Beispiel ein Banksy-Bild im British Museum auf, als Höhlenmalerei von einem jagenden Menschen mit Einkaufwagen. Den organisierten Kunstbetrieb lehnt der internationale Top-Star ab, mehrfach hat er das Geschäft von Galerien mit eigenen Ausstellungen in Lagerhallen konterkariert, einmal seine zu Millionenpreisen gehandelten Bilder auf einer Auktion zu Schnäppchenpreisen verscherbelt. 2010 führte ihn das „Time Magazine“ auf seiner Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt. Kunst im öffentlichen Raum ist ein uraltes Phänomen. Schon die vortestamentarischen Herrscher ließen sich mit Statuen bewundern, die Cheops-Pyramide und andere Kultstätten sind nichts anderes als Kunst im öffentlichen Raum: Mitteilungen an die Untertanen, plakative Botschaften von Macht und Einfluss. Bis heute hat der öffentliche Raum als größtmögliche Bühne und Plattform für Kunst nichts von seiner Bedeutung verloren. Jetzt aber geht es, wie auch das Beispiel Banksy zeigt, nicht mehr umDemonstrationen der Macht von oben – es geht um Anregungen zum Diskurs, zur Auseinandersetzung mit den Themen der Zeit durch jeden Einzelnen. Kunst im öffentlichen Raum als neue urbane Expression, die von Städten, Einrichtungen und Unternehmen gefördert wird. Kunst, Kommerz und angewandte Kreativität Die Stadt Münster schreibt alle 10 Jahre einen internationalen Skulptur- Preis aus: Heute ist Münster eines der bedeutendsten Skulptur-Museen im öffentlichen Raum. 2007 fand die vierte Auflage des „Skulptur Projekt Münster“ statt, das seit 1977 veranstaltet wird. Zu den Preisträgern zählen unter anderen Claes Oldenburg, Joseph Beuys, Ulrich Rückriem, Ludger Gerdes, Rebecca Horn, Rémy Zaugg, Keith Haring, Jorge Pardo, Huang Yong Ping, Bruce Nauman, Martin Boyce und viele andere mehr. In Berlin hat der US-amerikanische Architekt Daniel Lieberman mit demHolocaust-Mahnmal ein Denkmal geschaffen, das von Millionen von geschichtsinteressierten Touristen jährlich besucht wird. Die bunten, an Pop-Werbung erinnernden Skulpturen von Niki de St. Phalle stehen in dutzenden von Parks in ganz Europa, hunderte Unternehmen haben Kunst im öffentlichen Raum als lukratives Sponsorenfeld entdeckt. Kunst, Kommerz und angewandte Kreativität verschmelzen miteinander. Mitunter wird die Öffentlichkeit selbst zum Thema. In Zürich zeigt die dritte Ausstellung von Tableau Zurich neue Werke des Schweizer Künstlers Beat Streuli. Zu sehen sind Bilder von Passanten im pulsierenden Alltag der Großstadt, welche alle in einer Straße und an einem Tag entstanden sind. Tableau Zurich befindet sich in unmittelbarer Nähe von Bellevue, Bahnhof Stadelhofen und Kunsthaus Zürich. Grünanlage in luftiger Höhe – ironische Inszenierung von „urban farming“, lebendes Pony inklusive.

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